Kommunalwahl in Niedersachsen – Wer jetzt in Osnabrück regiert

Am Sonntag, den 12. September 2021, fanden in ganz Niedersachsen die Kommunalwahlen statt, um die neue Regionalversammlung von Hannover sowie zahlreiche Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte, Samtgemeinderäte, Stadtbezirksräte und Ortsräte neu zu besetzen. Einige Orte konnten zusätzlich neue Landräte, Bürgermeister und Oberbürgermeister wählen. Dies gibt ein Stimmungsbild für die kommenden Landtagswahlen von Niedersachsen am 26. September und in Teilen für die Bundestagswahl am selben Tag, nicht zuletzt weil die teils nötigen Stichwahlen damit verbunden werden.

Landesweit hat die Christlich Demokratische Union (CDU) noch wie letztes Mal das beste Ergebnis mit 31,7%, gleichzeitig hat sie mit 2,6% aber im Vergleich zur vorherigen Wahl auch die zweitgrößte Zahl an Stimmen verloren. Nur knapp dahinter liegt die Sozial-Demokratische Partei (SPD) mit 30%, auch sie hat einen Verlust von 1,6% gemacht. Die größten Gewinne konnte die Partei Bündnis 90/Die Grünen einfahren, mit 5% Zuwachs erreichen sie Platz 3 mit 15,9%. Den vierten Platz holt sich die Freie Demokratische Partei (FDP) mit 6,5%, sie konnten 1,7% dazugewinnen und ziehen damit an der Alternative für Deutschland (AfD) vorbei, die mit 3,3% am meisten Wähler verlor und auf 4,6% fiel. Auch die Linke machte 0,5% Verlust und kommt nur noch auf 2,8%.
Ein weiterer Gewinner der Wahl sind die Parteien, die unter Sonstige zusammengefasst werden, gemeinsam kommen sie auf 8,5%, was eine Erhöhung um 1,1% bedeutet. Während die Wählergruppen und die Piraten Stimmen verloren haben, konnten Die PARTEI, die Basis, die Freien Wähler und Volt jeweils zulegen und teils zum ersten Mal Sitze erlangen. Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 57,1%, was zwar noch recht niedrig ist, für Kommunalwahlen aber leider normal und immerhin ein Zuwachs von 1,5% der Wahlberechtigten. Welche Parteien sich am Ende über Siege freuen und welche unzufrieden seien müssen, zeigt sich am Ende aber mehr in den spezifischen Kommunen, die teils sehr unterschiedlich gewählt haben.

Seit 1996 konnte die CDU durchgängig die stärkste Fraktion im Osnabrücker Stadtrat stellen, das ändert sich allerdings nach dieser Kommunalwahl. Sie fielen von 37,6% auf 25,5%, ihr schlechtestes Ergebnis seit 1952, und erhalten damit nur noch 13 Sitze. Vor ihnen liegen die Grünen, zuvor noch auf Platz 3, die nun mit 29% ihr historisch bestes Ergebnis erreichen und 14 Sitze bekommen, womit sie die größte Fraktion bieten. Die SPD verliert zwar nur einen Sitz und kann noch 12 ihr Eigen nennen, auch sie fahren jedoch mit 23,6% ihr schlechtestes Ergebnis bei den Osnabrücker Kommunalwahlen bisher ein. So haben die Grünen und SPD gemeinsam eine sichere Mehrheit der 50 Sitze im Rat, womit man mit einer Fortführung des Bündnisses von 2011 und 2016 rechnen kann, jetzt aber erstmals unter Führung der Grünen.
Alle anderen Parteien feiern kleinere Gewinne: Die FDP bleibt wie zuvor mit drei Sitzen im Rat vertreten, ihr Ergebnis verbesserte sich aber um 0,6% auf 6,5%. Beachtlich ist, dass noch nie so viele Kleinparteien es in den Stadtrat geschafft haben. Die Linke erhält zwei Sitze, ebenso der Bund Osnabrücker Bürger (BOB), welcher zuletzt inmitten der Amtsperiode seine Sitze verlor, weil die sie besetzenden Abgeordneten zur Unabhängigen Wähler-Gruppe (UWG) wechselten. Die AfD hatte es bisher nicht in den Osnabrücker Stadtrat geschafft, jetzt kann sie erstmals einen Sitz für sich beanspruchen, Die PARTEI und Volt traten zum ersten Mal an und erlangten sofort einen Sitz. Nicht mehr im Rat vertreten sind die Piraten, welche ihren einen Sitz von der letzten Wahl nicht halten konnten.
Probleme gab es bei der Bestimmung des Ergebnisses der UWG. 2016 erlangten sie einen Sitz im Rat, und über die Wahlperiode hinweg wechselten Abgeordnete von SPD und BOB zu ihnen, wodurch der Einfluss der Gruppe wuchs. Zunächst sah es so aus, als würden sie nun wieder einen Abgeordneten in den Stadtrat schicken können, eine Nachzählung ergab allerdings, dass die Stimmen dazu knapp nicht reichten. Es sieht aktuell also danach aus, dass die UWG nicht mehr mitbestimmen kann, ihr Sitz geht in diesem Fall an die Grünen, die somit 15 hätten.

Gleichzeitig zur Kommunalwahl fand in Osnabrück auch eine Oberbürgermeisterwahl statt, um den Nachfolger von CDU-Politiker Wolfgang Griesert zu bestimmen, der wegen seines Alters selbst nicht mehr antreten wollte. Historisch haben sich um dieses Amt immer SPD und CDU gestritten, Grieserts Vorgänger war Boris Pistorius von der SPD, welcher inzwischen Niedersachsens Innenminister ist. Durch den Aufschwung der Grünen und die Schwäche von CDU und SPD wurde daraus aber nun ein Dreikampf zwischen Katharina Pötter von der CDU, Frank Henning von der SPD und Annette Niermann von den Grünen. Die Kandidaten von der Linken, der Deutschen Kommunisitischen Partei (DKP) und die zwei Einzelbewerber blieben derweil alle unter 3,5%, FDP-Kandidat Thomas Thiele erhielt immerhin 6,6%, womit sein Ergebnis etwa gleichauf mit seiner Partei liegt.
Klarer Sieger am Wahlabend war zunächst Pötter, die mit 35,8% der Stimmen über als 10% mehr Wähler überzeugen konnte als ihre eigene Partei. Henning und Niermann stritten sich lange um Platz 2, ersterer erreichte letztlich 24,1%, während letztere ihn mit 26,7% verdrängte, obwohl sie weniger Stimmen bekam als die Grünen selbst. Da eine absolute Mehrheit für Pötter eindeutig ausblieb, wird es am 26. September eine Stichwahl zwischen den Kandidatinnen von CDU und Grünen geben, deren Ausgang noch nicht abzusehen ist.
Die Osnabrücker SPD unter ihrem Vorsitzenden Manuel Gava warb heute am 17. nach dem Ausscheiden ihres eigenen Kandidaten für Annette Niermann als neue Oberbürgermeisterin, die programmatische Nähe in vielen Kernthemen wurde in den Mittelpunkt gestellt. Wer wegen Inhalten Frank Henning gewählt hat, wird sich also eher bei der Grünen-Vertreterin wiederfinden. Wenn sie mit den Stimmen der SPD-Wähler rechnen kann, sieht es gut aus für Niermann, da Grüne und SPD gemeinsam eine komfortable Mehrheit haben. Abschreiben sollte man Pötter jedoch noch nicht, da sie zuletzt beachtlich viele Wähler über Parteigrenzen hinweg für sich gewinnen konnte.
Aktuell wirbt sie damit, selbst aus Osnabrück zu kommen, während ihre Konkurrentin aus Bad Iburg stammt. Dort war Niermann zuletzt Bürgermeisterin und konnte Erfahrung für das Amt sammeln, für dass sie nun antritt. Wenn sie die Oberbürgermeisterin stellen, könnten die Grünen viele ihrer Anliegen umsetzen, einer Oberbürgermeisterin der CDU würde derweil oft mit der rot-grünen Ratsmehrheit aneinandergeraten, wodurch das Handeln für beide schwieriger wird.

Abschließend lässt sich ein klarer Sieg für die Grünen vor allem in Osnabrück feststellen, landesweit konnten sie zulegen, wenn auch eher selten den ersten Platz belegen. In vielen Orten streiten sich CDU und SPD um die Führungsposition, insgesamt liegt die CDU noch vorn, das soll aber nicht über die großen Verluste der beiden Parteien hinwegtäuschen. Nicht zuletzt wird die Parteienlandschaft bunter, die Stimmen verteilen sich mehr und neue Parteien wie Volt, die zum ersten Mal antreten, können in vielen Städten ein bis zwei Sitze in den Parlamenten erlangen. Wie auch bei der bevorstehenden Bundestagswahl sind die Ergebnisse nicht mehr eindeutig. Ob sich dieser Trend durchsetzt, wird am 26. in Landtags- und Bundestagswahl entschieden.

Justin Löwe

Ich bin seit inzwischen neun Jahren als Jugendreporter unterwegs, stand schon mehrmals in der NOZ und möchte hier den Leuten mit möglichst hochwertigen Berichten die Interessen der jüngeren Generation näherbringen.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen