Streit um Meldeportal – Wer jetzt für Steuerbetrug ist

Nachdem der türkischstämmige Finanzminister der Grünen von Baden-Württemberg, Danyal Bayaz, am Dienstag, den 31.08.2021, ein Meldeportal für Steuerbetrug freigeschaltet hatte, kam ihm viel Kritik und Rassismus entgegen. Das Mittel, welches es Bürgern erleichtert, die Finanzbehörden bei der Fahndung nach Straftaten zu helfen, wurde von den politischen Gegnern sehr negativ aufgenommen, was die Frage aufwirft, ob diese Steuerstraftaten gutheißen, oder ob wirklich etwas dagegen spricht. Schnell kam die Frage auf, ob es so etwas auf Bundesebene geben könnte.

Der 37-jährige Bayaz wechselte nach der Landtagswahl von Baden-Württemberg im Mai aus dem Bundestag in die Landesregierung unter dem beliebten Ministerpräsidenten der Grünen, Winfried Kretschmann, der dort seit zehn Jahren im Amt ist und mit klarer Mehrheit wiedergewählt wurde. Schon bei der Geburt seines Kindes hatte der Landesfinanzminister mit rechter Hetze Erfahrung machen müssen und ist auch bereit, juristisch gegen die schlimmsten Hasskommentare vorzugehen. Sein Konzept für ein Meldeportal verteidigt er überzeugt.
Es geht dabei um ein Online-Portal, wo die Bürger von Baden-Württemberg anonym Steuerverbrechen anzeigen können, von denen sie auf irgendeine Weise erfahren. Die Möglichkeit, Anzeige bei den Finanzbehörden zu erstatten, bestand auch schon vorher, selbst anonym per Brief oder Telefon. Der Hauptzweck ist also, dies durch Nutzung der digitalen Möglichkeiten einfacher zugänglich zu machen. “Im Jahr 2021 sollte das auch online gehen”, sagte der Minister selbst. Angegangen werden soll so das Problem der Steuerhinterziehung, geschätzt werden bundesweit etwa 100 Milliarden Euro jährlich hinterzogen, das entspricht etwa einem Viertel des gesamten Bundeshaushaltes und geht auf Kosten derer, die ihre Steuern bezahlen. “Steuerhinterziehung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die ehrlich ihre Steuern zahlen”, argumentiert Bayaz.

Die anderen Parteien kritisieren die Entscheidung trotzdem, vor allem CDU/CSU, FDP und AfD fanden sehr negative Worte. Die CSU sprach von Förderung des “Denunziantentums”, der Vizevorsitzende der Unionsfraktion nannte das Meldeportal “Steuerpranger”, der Chef der FDP von Baden-Württemberg sieht es als “Blockwart-Mentalität”. Die BILD-Zeitung ging so weit, von einer “Steuer-Stasi” zu sprechen. Der Co-Vorsitzende der Grünen auf Bundesebene, Robert Habeck, hat sich daraufhin hinter den Minister gestellt. Er hält diese Kommentare für Verharmlosung der Diktatur der DDR. Tatsächlich ist die Gleichsetzung von einer Staatssicherheitsbehörde, die Bürger überwacht und für Ausdrücken abweichender Meinungen eingesperrt hat, mit einer Online-Plattform zur Verfolgung von Verstößen gegen Straf- und Steuergesetze sehr weit hergeholt.
Sprechen sich diese Parteien und Medienvertreter mit ihrer Ablehnung des Meldeportals also gegen die Bekämpfung von Steuerhinterziehung aus, die auf Kosten der Steuerzahler geht? Sie bieten zumindest das Argument, dass es selten die wirklich reichen Täter treffen wird, sondern eher die mittelständischen. Dass es bei ihnen um weniger Geld geht, ändert jedoch nichts an der Illegalität ihres Handelns, und gerade unter Steuerbetrug von Schwarzarbeit leidet der Rest des Mittelstands besonders. Anzunehmen ist, dass die Kritik am Meldeportal der Grünen vor allem wahlkampftaktische Gründe hat, die besagten politischen Akteure wollen keine Gelegenheit auslassen, ihren Gegner fälschlich als autoritär darzustellen. Wie die Bürger darauf reagieren, ob die Kampagne mit den falschen Vorwürfen Erfolg hat oder sie Stimmen kostet, bleibt noch abzuwarten.

Die Grünen stehen auf jeden Fall zu ihrem Vorstoß gegen Steuerkriminalität. Am Mittwoch Abend trat die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in der Pro7-Bundestagswahl-Show auf und wurde schon recht zu Beginn gefragt, ob sie sich so ein Meldeportal auch auf Bundesebene vorstellen könnte. Zuerst stellte sie klar, dass es gerade nicht um Überwachung oder autoritäres Handeln geht, sondern um die effektivere Verfolgung von Straftaten und eine Möglichkeit für Bürger, diese einfacher anzeigen zu können. Letztlich erreichte sie den Schluss, dass dies auch bundesweit ein Instrument zur Bekämpfung von Steuerstraftaten sein könnte. Ob Kriminalität zulasten des Steuerzahlers zukünftig konsequenter verfolgt wird, könnte also auch von den Ergebnissen der Bundestagswahlen am 26. September abhängen.

 

 

Bildquelle: https://www.youtube.com/watch?v=iFgnFjo_ZYE

Justin Löwe

Ich bin seit inzwischen neun Jahren als Jugendreporter unterwegs, stand schon mehrmals in der NOZ und möchte hier den Leuten mit möglichst hochwertigen Berichten die Interessen der jüngeren Generation näherbringen.

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