Bundestagswahl 26.09.2021 – Wie es steht und wer wofür steht
Es ist der 24.09.2021, gerade gehen die weltweiten Klimastreiks von Fridays for Future zu Ende, die bewusst auf diesen Freitag gelegt wurden, um zwei Tage vor der deutschen Bundestagswahl noch einmal klarzumachen, was auf dem Spiel steht: Die kommende Regierung wird die letzte sein, welche notwendige Entscheidungen zum Schutz des Klimas auf den Weg bringen kann. Gleichzeitig wird weiterhin über den richtigen Umgang mit der Corona-Pandemie gestritten, das deutsche Rentensystem steht vor großen Problemen, Deutschland hängt bei der Digitalisierung hinterher und die Schulen scheinen in der Zeit zurückgeblieben zu sein. All dies führt zu einer wachsenden Schere zwischen Arm und Reich und einer Chancenungleichheit, über die sich regelmäßig beschwert wird.
Die Politiker und Parteien, die bei der Wahl zum 20. deutschen Bundestag antreten, wollen diese Themen angehen und dafür sorgen, dass sich die Situation für alle oder zumindest bestimmte Interessengruppen verbessert. Dabei setzen die 47 Parteien unterschiedliche Schwerpunkte, haben teils andere Ziele und meist andere Pläne um diese zu erreichen. Wer wie viele Stimmen von den wahlberechtigten Bürgern erreicht, entscheidet, wie viel Macht welche Partei im neu zusammengesetzten Parlament und in der zukünftigen Regierung hat.
Wahlberechtigt sind alle deutschen Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren, wenn sie seit mindestens drei Monaten in Deutschland wohnhaft sind. Auch im Ausland lebende Deutsche haben eine Stimme, die sie entweder per Briefwahl nutzen konnten oder am 26.09.2021 im Wahllokal in ihrer Nähe abgeben können. Wählen ist das beste Mittel, um Einfluss auf die Geschehnisse im Land zu nehmen, nicht zuletzt da der Ausgang der Wahl denkbar knapp zu werden scheint, sodass es auf jede Stimme ankommen kann.
Es ist also dringend zu empfehlen, seine Stimme zu nutzen, vorher sei aber dazu geraten, sich zu informieren, wofür welche Partei steht. Unzählige Kleinparteien wie die PARTEI und Volt werben um genug Stimmen, damit sie die 5%-Hürde knacken können und auch im Parlament vertreten sind. Die wahrscheinlich im Parlament vertretenen Parteien positionieren sich folgendermaßen zu den entscheidenden Themen:
Christlich-Demokratische Union (CDU):
- Corona: Forderung nach einem ausgeglichenen Haushalt nach Corona, Steuervorteilspaket und Bürokratieabbau, um Unternehmen wieder zu stärken
- Bildung: Ausbau des dualen Systems, BAföG soll flexibler werden, standardisierte Bildung
- Familien: Bürokratieabbau, Digitalisierung der Behörden, Sozialbeiträge sollen nicht steigen, Familien mit Kindern sollen gefördert werden durch KfW Kredite
- Außenpolitik: Demokratische Bündnisse fördern, Russland konstruktiv kritisieren und China auf Augenhöhe begegnen; Für die nukleare Teilhabe
- Innenpolitik: Mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, Videoüberwachung mit KI auf öffentlichen Plätzen mit Gesichtserkennung; Bodycams; Vorratsdatenspeicherung auf Europäischer; Keine neuen Schulden
- Klimaschutz: Deutschland bis 2045 klimaneutrales Industrieland, wie das konkret umgesetzt werden soll, fehlt
- Digitalisierung: Förderung der Digitalisierung in Schulen und Behörden
- Soziales: Renteneintrittsalter nicht weiter erhöhen, nachhaltigeres Rentensystem, “Generationenrente”: Zur Geburt wird in einen Fond investiert welcher vom Staat verwaltet wird; Kindergrundsicherung
Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD):
- Corona: Ausbau des Gesundheitssystems
- Bildung: Förderung des digitalen Klassenzimmers; Ausbau des BAföG
- Familien: Mehr Elternzeit; Kinderkrankentage; Recht auf Kita-Plätze
- Außenpolitik: Förderung der europäischen Gemeinschaft; Förderung der transatlantischen Beziehungen; Atomwaffen abschaffen; China missachtet Menschenrechte
- Innenpolitik: Bezahlbaren Wohnraum schaffen → Mieten dürfen nur noch entsprechend der Inflation erhöht werden; Cannabis in Modellprojekten legalisieren
- Klimaschutz: Klimaneutral bis 2045; Strom soll bis 2040 ökologisch werden; EEG Reform, CO2-Preis würde zulasten der Vermieter gehen; Neue Arbeitsplätze durch Klimaschutz
- Digitalisierung: Digitale Bildung und Verwaltung bis 2030; “Gigabit-Gesellschaft” in den 2020er Jahren
- Soziales: Kindergrundsicherung; Förderung von Betreuungseinrichtungen; Kostenloser ÖPNV für Kinder; Rentenniveau bei mind. 48% halten; statt ALG II ein “Bürgergeld”: Erste zwei Jahre einkommensunabhängig mit Fördermöglichkeiten; Mindestlohn von 12€
Bündnis 90/ Die GRÜNEN:
- Corona: Mehr Geld für die WHO; Patente für Impfstoffe sollen aufgehoben werden
- Bildung: Schnelles Internet an allen Schulen; Bessere Ausstattung; Förderung von KiTas und Investition in Schulen zur Sanierung; Um- bzw Ausbau des BAföG
- Familien: Kindergrundsicherung; Besseren Zugang zu Kinder- und Jugendhilfen und Beratungen; Medienkompetenz fördern
- Außenpolitik: Internationaler Klimaschutz; Neuordnung der transatlantischen Beziehung; China muss zum Klimaschutz besonders hinzugezogen werden und Menschenrechte beachten
- Innenpolitik: Legalisierung von Cannabis und Förderung von medizinischem Cannabis; “Recht auf Wohnen ins Grundgesetz”; Stärkung des sozialen Wohnungsbaus, Mietpreisbremse (2,5%)
- Klimaschutz: Kohleausstieg bis 2030, CO2-Steuer anheben, und das Geld anschließend an die BürgerInnen mit einem “Energiegeld” zurückzugeben, Förderung von Solaranlagen
- Digitalisierung: Ausbau der schulischen Digitalisierung; Flächendeckendes Glasfasernetz
- Soziales: ALG II erstmal anheben und später mit einer “Garantiesicherung” ersetzten; Mindestlohn von 12 €, Riester-Rente soll durch ein System des “öffentlichen Bürgerfonds” ersetzt werden.
Freie Demokratische Partei (FDP):
- Corona: “Wiederaufbau” der Wirtschaft durch Senken der Unternehmenssteuer auf 25% und Gewerbesteuer abschaffen.
- Bildung: 2.5 Mrd. im Jahr für die Bildung, finanziert aus der Mehrwertsteuer (1%); Vereinheitlichte Abschlussprüfungen und mehr Autonomie für die Schulen → Eigenes Budget für jede Schule; Chancengleichheit durch Deutschtests vor der Einschulung; Reform des BAföG: Elternunabhängig Grundbetrag von 200€ + 200€ wenn man ehrenamtlich arbeitet oder jobbt
- Familien: “Partnerschutz” und “Mutterschutz”, 10 Tage frei nach der Geburt; “Kinderchancengeld”; Ausbau des Elterngeldes
- Außenpolitik: Stärkung der EU; Reform der UN; Hongkong und Taiwan unterstützen
- Innenpolitik: Keine gesetzlichen Frauenquoten, Selbstverpflichtung von Unternehmen; Ausbau von geschlechtlichen Freiräumen; LGBTQ+ Rechte stärken; Legalisierung von Cannabis, ähnliche Besteuerung wie Zigaretten; Legislaturperioden sollen auf 5 Jahre verlängert, Amtszeit der KanzlerInnen auf 2 Perioden begrenzt werden
- Klimaschutz: Ausbau des “Emissionshandels”, Rückgabe an die BürgerInnen durch eine “Klimadividende”; Erhaltung des Verbrennungsmotors; Subventionen für E-Autos sollen wegfallen, stattdessen flächendeckende Schnellladesäulen fördern; Bahnbetrieb soll weiter privatisiert werden, Schienennetz soll beim Bund bleiben
- Digitalisierung: Bund soll Anteile an Post und Telekom verkaufen, damit soll digitale Infrastruktur bezahlt werden; Bis 2025 flächendeckendes 5G Netz; “Gigabit-Gutscheine”: teilweise Rückerstattung der Kosten eines privaten Glasfaser-Anschlusses; Verwaltung digitalisieren
- Soziales: Flexibleres Rentenalter; “Aktienrente”; Einführung einer Basis-Rente; Steuererklärung vereinfachen; Spitzensteuersatz erst ab 90.000€
Alternative für Deutschland (AfD):
- Corona: Ende aller Lockdown-Maßnahmen; Abschaffung der Maskenpflicht
- Bildung: Förderung von handwerklichen Abschlüssen; Schulen sollen politisch neutral bleiben; Förderung des deutschen Kulturgutes
- Familien: Familien fördern; Elternzeit stärken belohnen durch Betreuungsgeld; “Ehe-Start-Kredit”; “kinderfreundliche Gesellschaft” als Staatsziel ins Grundgesetz
- Außenpolitik: EU-Austritt Deutschlands; Entspannung der Russland Politik, Sanktionen gegen Russland müssen beendet werden
- Innenpolitik: Linke Gewalt muss bekämpft werden; Verschärfung des Jugendstrafrechts; Videoüberwachung mit Gesichtserkennung auf öffentlichen Plätzen; Grenzschutz wiederaufbauen;
- Klimaschutz: Der Mensch sei nicht am Klimawandel schuld; Rückbau von Windenergieanlagen; Kernenergie statt Erneuerbaren Energien
- Digitalisierung: Digitalisierung vor allen bei Behörden
- Soziales: Einführung einer Digitalsteuer; Grund- und Grunderwerbssteuer sollen wegfallen; Vereinfachung des Steuersystems; Abschaffung der Erbschaftssteuer
Die LINKE:
- Corona: Verstaatlichung des Gesundheitssystems, bessere Bezahlung und Arbeitsverhältnisse für Pflegekräfte; Patente für Impfstoffe sollen aufgehoben werden; Finanzielle Unterstützung für Arbeitslose über die Dauer der Pandemie
- Bildung: Mehr Personal in Bildung und Erziehung; Sanierung der Gebäude mit Fokus auf Inklusion; Aufhebung des Kooperationsverbots von Bund, Ländern und Kommunen; gebührenfreie KiTas, kostenloses warmes Essen an Schulen; Digitalisierung des Unterrichts; Förderung von Ausbildungen, duales Studium ohne Abitur; lebenslange Weiterbildung fördern
- Familien: Rechtsanspruch auf familiengerechte Arbeitszeiten; Anhebung des Rentenniveaus auf 53%, Mindestrente von 1.200€, alle Erwerbstätigen sollen in gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden; Einführung einer Kindergrundsicherung, gebührenfreie Kinderbetreuung, Verlängerung des Elterngeldanspruchs auf 12 Monate pro Elternteil, mehr Elternschutz; Geschlechtergerechtigkeit bei Steuermodellen und Löhnen
- Außenpolitik: Verbot von Waffenexporten, Vorantreibung von Abrüstung, Stopp von Auslandseinsätzen und Ausbildungsmissionen der Bundeswehr; Atomwaffen abschaffen; Ersetzung der NATO durch “kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands” mit Abrüstung als Ziel; keine Unterstützung für Staaten, die Menschenrechte verletzen
- Innenpolitik: Einsatz gegen rechten Terror und Gewalt, Stärkung ziviler Aufklärung, Verfassungsschutz soll durch “unabhängige Beobachtungsstelle” ersetzt werden; wissenschaftliche Untersuchung rechter Einstellungen in der Polizei, Fokus auf Deeskalation in Ausbildung, bessere Arbeitsbedingungen für Polizisten; Minderheitenrechte stärken; Prüfung von Strafhöhen auf Verhältnismäßigkeit; Erschwerung von Waffenbesitz; Verhinderung von Lobbyismus und Abgeordnetenbestechung, Spendenbegrenzung, Absenkung des Wahlrechts
- Klimaschutz: Förderung klimaneutraler Jobs und Infrastruktur, “Erneuerbare Energiewende” bis 2035, Kohleausstieg bis 2030; Arbeitsplatz- und Einkommensgarantie; Reduzierung von Verkehr, flächendeckender kostenloser ÖPNV, Stärkung des Rad- und Schienenverkehrsnetzes, keine Neuzulassungen von PKW mit Verbrennungsmotoren ab 2030; Stärkung nachhaltiger Landwirtschaft, Tier- und Landschutz
- Digitalisierung: Digitale Infrastruktur soll für alle ausgebaut werden; Macht großer Internetkonzerne und Plattformen soll begrenzt werden, Datenschutz als Garantie, Schutz von Menschenrechten online stärken, Verfolgung von Verbrechen im Netz, Unterstützung von Schulen, ÖPNV und Gesundheitswesen
Um mit diesen Programmen Wähler zu gewinnen, haben sich die Parteien einem harten Wahlkampf gestellt, aus dem nun andere als Sieger hervorzugehen scheinen als zunächst erwartet. Zunächst hatte der Fokus auf die Klimakrise, angetrieben von der Fridays for Future-Bewegung, den Grünen einen großen Schub gegeben – während sie 2017 noch nur 8,5% der Stimmen gewinnen konnten, wurde in Umfragen zu Beginn des Wahlkampfes ein Sieg der Partei sogar über die CDU erwartet, 26% war der höchste für sie in Umfragen projizierte Wert. Die Union verlor an Unterstützern, da sie im Machtkampf zwischen Armin Laschet von der CDU und Markus Söder von der CSU gegen den Willen der Mitglieder und des Landes den unbeliebteren Kandidaten durchdrückten, gleichzeitig konnte die Kandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, sich friedlich gegen den Co-Parteivorsitzenden Robert Habeck durchsetzen und wurde bei der Verkündung ihrer Kandidatur sehr geschätzt.
Es sah zu dieser Zeit nach einem engen Rennen zwischen Union und Grünen darum aus, wer am Ende die gemeinsame Koalition führen würde. Dies änderte sich allerdings, als das konservative Lager eine Schmutzkampagne gegen die Grüne Kandidatin startete. Die kleinen Fehler von Annalena Baerbock wurden medial mit größerer Aufmerksamkeit aufgeblasen als andere politischen Themen, die Wähler schätzten ihre Fehltritte nicht und nach und nach sank ihre Partei in den Umfragen. Nun wurden doch Stimmen laut, ob Robert Habeck der bessere Kandidat gewesen wäre, und die Union mit ihrem Kandidaten, dessen Fehler kaum Aufmerksamkeit bekamen, konnte zwar kaum selbst Wähler, aber dennoch einen soliden Vorsprung gewinnen.
Das änderte sich schlagartig, als Nordrhein-Westfalen – das Bundesland, in dem der Kandidat Armin Laschet Ministerpräsident ist – von der Flut-Katastrophe heimgesucht wurde. Eigentlich wollte sich der Amtsinhaber als krisensicher beweisen, während seine Gegner sich davor hüteten, sich vorwerfen zu lassen, politisches Kapital aus dem Leid schlagen zu wollen. Was von Armin Laschets Auftritt im Krisengebiet blieb, war ein Video, in dem er im Hintergrund fröhlich mit Kollegen lachte, während der Bundespräsident über die Opfer der Flut sprach. Die Bilder machten die Runde und alle sahen das als respektlos und unangemessen eingeschätzte Verhalten, und dass er das Image vom lachenden Narren nicht mehr loswird, zeigt der Verlauf der Umfragewerte im Folgenden. Immer mehr fielen nun Armin Laschets Fehler auf, und ob er es mit bissigen Angriffen in den Triellen oder Vorstellung anderer Politiker probierte, nichts konnte ihn vor dem Absturz retten.
Nachdem sowohl Annalena Baerbock und Armin Laschet mit Fehltritten negativ aufgefallen waren, sanken für beide die Zustimmungswerte. Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, konnte davon profitieren. Bis dahin hatte ihn niemand auf dem Radar gehabt, obwohl er schon Sommer 2020 als Kanzlerkandidat vorgestellt worden war. Er tat auch nichts, was ihn besonders gut aussehen ließ, und hatte selbst noch wegen seiner Arbeit in der letzten Regierung mit mehreren Finanzskandalen zu kämpfen.
Doch weil seine Konkurrenten sich unbeliebt gemacht hatten, gaben immer mehr Leute an, ihn für den fähigsten Kandidaten zu halten. Und nach einer Weile zog er auch seine Partei, die vorher bei 15% festgenagelt schien, nach oben, erst fanden sich die drei großen Parteien wieder gleichauf, dann zog die SPD vorbei und konnte sich einen Vorsprung sichern. Die CDU hatte zuerst versucht, Scholz mit Verweis auf besagte Finanzskandale zu diskreditieren, da dies bei den Wählern nicht ankam wird nun als letzter Ausweg nur noch Angst vor einer rot-grün-roten Koalition als kommende Regierung geschürt, mit eigenen Inhalten wirbt die Union aber weiterhin nicht.
Wenige Tage vor der Wahl scheint es nun auf ein knappes Rennen zwischen SPD und CDU hinauszulaufen, bei denen erstere Partei als Favorit gilt. Die Grünen sind mit etwas Abstand auf Platz 3 und erhoffen sich einen erfolgreichen Endspurt, um die Kontrahenten noch einzuholen oder zumindest in der kommenden Regierung starke zweite Kraft sein zu können. Die Bedeutung der Wahl für den Klimaschutz, die auch von Fridays for Future noch einmal mit einem globalen Streik betont wurde, könnte ihnen noch zugutekommen, wenn sich an der Wahlurne einige noch entscheiden, sie für den dringend nötigen Klimaschutz zu wählen.
Die anderen Parteien haben derweil die meiste Zeit des Wahlkampfes stagniert. Zu Beginn der Corona-Pandemie gelang es der FDP noch, ihren Stimmenanteil auf etwa 12% aufzubauen, dort ist er dann aber meist geblieben. Die Linke schwankte regelmäßig zwischen 8 und 5% herum und konnte sich auf keine klare Kampagne fokussieren, ein Ergebnis außerhalb dieses Bereichs ist für sie nicht zu erwarten. Um die AfD war es sehr still, sie scheinen ihr Ergebnis der letzten Wahl mit kleinen Verlusten zu halten.
Worüber sich aber alle einig sind, ist, dass der Wahlkampf nicht der Bedeutung der kommenden Wahl gerecht wird. Zu sehr ging es um Personen und persönliche Fehler als um Inhalte und unterschiedliche Ansichten, was wohl auch den Anhängern der Parteien und den Medien zuzuschreiben ist. Grundlegend geht es in Politik aber darum, mit welchen Zielen, Ideen und Plänen das Land geführt werden soll, und eine gute Führung ist angesichts der Lage Deutschlands und der Welt dringend notwendig. Es ist daher wichtig, dass alle wählen gehen und sich entscheiden, wessen Ziele, Ideen und Pläne sie für richtig halten. Aktuelle Umfragen erwarten in etwa dieses Ergebnis:
Es geht also darum, welchen Kurs die kommende Regierung wählen wird. Da aber keine dieser sechs Parteien, geschweige denn eine der 41 Kleinparteien, eine absolute Mehrheit erreichen wird, muss es Koalitionen geben: Parteien einigen sich auf ein gemeinsames Programm und führen die Regierung zusammen, da ihre Stimmen zusammengezählt einen Führungsanspruch begründen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass sich hierfür sehr unterschiedliche und teils zerstrittene Parteien zusammenraufen müssen, wahrscheinlich sogar drei von ihnen. Es lohnt sich darum ein Blick darauf, welches Bündnis für die Zukunft wie wahrscheinlich ist.
Große Koalition (SPD & CDU):
Die aktuelle Regierung besteht aus der CDU, zuletzt noch stärkste Kraft, und der SPD, die sich vor den Wahlen 2017 eigentlich gegen eine solche Koalition positioniert hatte. Nach dem Scheitern der alternativen Regierungsoption ließen sie sich aber dazu überreden. Nachdem die Mehrheit für ein solches Bündnis eine Weile verloren war, reichen die erwarteten Stimmen aktuell wieder für eine Fortsetzung. Wahrscheinlich ist dies aber nicht, da die SPD sich noch stärker als zuvor dafür ausspricht, die CDU in die Opposition zu schicken, und die CDU kein Interesse daran hat, der schwächere Partner in einer von der SPD geführten Regierung zu sein, was sie nach aktuellen Umfragen wären. Es wird also mit ziemlicher Sicherheit eine neue Regierungskonstellation geben.
Rot-Grün (SPD & Grüne):
Diese neue Konstellation könnte eine rot-grüne Regierung sein, wie es sie schon von 2001-2005 gab. Die Politiker der beiden Parteien liegen inhaltlich am nächsten beisammen und haben sich schon oft gemeinsam positioniert, ihre Mitglieder hoffen selbst auf die Möglichkeit eines solchen Bündnisses. Politisch müssten einige Uneinigkeiten wie beim Klimaschutz noch verhandelt werden, größtenteils steht aber nur eins wirklich im Weg, und zwar dass es prozentual noch nicht ganz reicht. Wenn genug Stimmen an die beiden Parteien gehen, ist damit zu rechnen, dass sie zusammenfinden werden.
Ampel-Koalition (SPD & Grüne & FDP):
Sollte es für Rot-Grün nicht reichen, werden die beiden noch einen weiteren Partner finden müssen. Dafür infrage kommt die FDP, welche politisch aber weit von den potenziellen Verbündeten entfernt ist. Ihrem Spitzenpersonal fehlt laut eigener Aussage die Fantasie dafür, sie wollen es zur Bedingung machen, dass für niemanden Steuern erhöht werden und keine neuen Staatsschulden aufgenommen werden. Grüne und SPD wollen beide die Reichen höher besteuern und mehr Schulden aufnehmen, um in wichtige Felder wie Klimaschutz investieren zu können. Es stünden also schwierige Verhandlungen an, bevor diese drei sich einigen können.
Rot-Grün-Rot (SPD & Grüne & Linke):
Näher an Rot-Grün sind die Linken, welche gerade in sozialen Fragen wie Mindestlohnerhöhung und Klimaschutzmaßnahmen oft mit ihnen übereinstimmen. Vor einer Koalition mit der Linken wird oft von den eher rechten Parteien gewarnt, da die Partei teils radikale Forderungen stellt, besonders umstritten sind etwa eine Ersetzung des Verfassungsschutzes oder eine Überführung der NATO in ein Bündnis, das auch Russland miteinschließt. Die SPD und die Grünen verlangen Abkehr von diesen Ideen, bevor sie an den Verhandlungstisch kommen, die Linken zeigen sich aber überraschend kompromissbereit und wollen eine Regierungsbeteiligung auch trotz außenpolitischen Differenzen. Inhaltlich wäre dies das wahrscheinlichste Dreierbündnis.
Deutschland-Koalition (SPD & CDU & FDP):
Weiter voneinander entfernt sind diese drei Parteien: Sollte es für eine Fortsetzung der Großen Koalition von den Stimmen her nicht reichen, ist dies die einzig mögliche Regierung ohne Beteiligung der Grünen. Unwahrscheinlich ist sie allerdings aus denselben Gründen wie eine Große Koalition, und zusätzlich noch, da SPD und FDP weit auseinander liegen und es den Wählern ersterer nicht gefallen dürfte, wie viele Kompromisse nötig wären.
Jamaika-Koalition (CDU & Grüne & FDP):
Ebenso weit sind CDU und FDP, die selbst gern zusammenarbeiten würden, von den Grünen entfernt. Trotzdem ist das die Koalition, die den beiden am liebsten wäre, weil sie im Falle eines Wahlsieges der SPD die einzige Möglichkeit für Unionskandidat Armin Laschet wäre, noch Kanzler zu werden. Den Grünen soll dies offenbar unter anderem dadurch schmackhaft gemacht werden, dass sie dann die Bundespräsidentin stellen dürften, besagte Partei hat jedoch bereits abgelehnt, sich durch irgendwelche Posten locken zu lassen, und einige inhaltliche Gräben zwischen den drei Parteien wirken zu groß, um sie zu überwinden. Nicht ohne Grund scheiterten schon 2017 die Verhandlungen über eine solche Zusammensetzung.
Welche Partei wie viele Stimmen hat, wird in den Wochen nach der Wahl entscheidend für die Verhandlungen sein, einerseits darüber, welche Koalition geformt werden kann, andererseits auch darüber, wie stark die jeweiligen Parteien in der Regierung wären, und wie viele Minister sie stellen dürften. Sollte es nicht für eine Rot-Grüne Mehrheit reichen, werden die Gespräche lange andauern und für alle Beteiligten sehr schwierig laufen. Was am Ende herauskommt, haben vor allem die Bürger mit ihrer Stimme am 26.09. in der Hand.