Der Gewinner der US-Präsidentschaftswahl
Am Dienstag, den 03.11.2020, begannen die Wahlen um Senat, Unterhaus und Präsidentschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika. In den letzten vier Jahren hat Donald Trump dort nach einem überraschenden aber deutlichen Wahlsieg regiert, nun scheint das aber vorbei zu sein. Vier Tage nach Schließung der Wahllokale, am Samstag um 17:30 Uhr, wurde Joseph Biden zum Wahlsieger erklärt. Und während Trump weiter fälschlich behauptet, mit Abstand gewonnen zu haben, und Pläne schmiedet, um das Ergebnis zu kippen, haben Nachrichtensender und Unterstützer des Demokraten bereits mit dem Feiern begonnen.
Der Wahlkampf zwischen den beiden Kandidaten war nicht nur der teuerste in der Geschichte, sondern auch der schmutzigste, wie ständige Anschuldigungen gegen den jeweils anderen, sowohl in den Debatten als auch in den Einzelveranstaltungen, unterstrichen haben. Beide Seiten hatten mehr darüber gesprochen, wie furchtbar ihr Gegner sei, als darüber, wie gut sie selbst seien. Und beide Politiker waren sich sehr siegessicher, sowohl vor der Wahl als auch während der Stimmenauszählung. Biden äußerte sich auf Fragen hin immer wieder optimistisch, wenn auch geduldig. Der nun abgewählte Präsident hatte derweil schon in der Nacht des Wahltages behauptet, den Sieg sicher zu haben.
In der Tat sah es zunächst so aus, als würde Trump alle Staaten gewinnen, die ihm auch schon 2016 den Sieg gegen Hillary Clinton gebracht hatten. Nachdem in Umfragen vor der Wahl der Vorsprung von Biden enorm schien, sah es in der Wahlnacht tatsächlich so aus, als würde sich 2016 wiederholen. Dies lag vor allem daran, dass Trump seinen Unterstützern davon abgeraten hatte, die Briefwahl zu nutzen, weil sie seiner Ansicht nach betrugsanfällig sei. Sein Herausforderer dagegen setzte auf Sicherheit vor Corona und wollte lange Schlangen vor den Wahllokalen vermeiden, wozu er alle zur Briefwahl aufrief. In den Staaten, in denen der Abstand zwischen den beiden gering war, wurden die per Post geschickten Stimmen zuletzt gezählt, so gelang es Biden, in immer mehr Staaten aufzuholen.
Zu Beginn hatte Trump auch noch im “Popular Vote” geführt, also lag er mit der Gesamtzahl der für ihn abgegebenen Stimmen vorne. Dies änderte sich jedoch schnell, nun führt Biden mit etwa 3%, was 4.000.000 Stimmen entspricht. Wichtig in den USA ist jedoch nur das “Electoral College”, ein veraltetes System, nachdem jeder Staat seine eigene Wahl hat und der Gewinner dieser Wahl eine Anzahl von Stimmen durch Wahlmänner bekommt, die sich nach der Bevölkerungszahl der jeweiligen Staaten von vor 200 Jahren richtet. Es geht also letztlich vor allem darum, wer die meisten Wahlen in einzelnen Staaten gewinnt.
Für einen Tag nach der Wahl sah es so aus, dass Trump in den wichtigen Staaten führen und so siegen würde. Als Biden seinen Kontrahenten in Wisconsin und Michigan überholte, änderte sich der Kurs, und die Erwartung war, dass Biden um zwei Wahlmänner, also so knapp wie nur möglich, gewinnen würde. Letztlich übernahm Biden allerdings auch in anderen Staaten noch eine unerwartete Führung, und sein Heimatstaat Pennsylvania war es letztendlich, dessen Wahlmänner ihm einen Vorsprung brachten, den Trump nicht mehr einholen kann. Die Ergebnisse in den wichtigen Staaten sind knapp genug, um Nachzählungen zu begründen, die auch schon angefordert wurden, es sind allerdings nun so viele knapp verlorene Rennen, dass nicht mehr mit einem Sieg für Trump zu rechnen ist.
Dass Trump dies nicht akzeptiert, überrascht wohl niemanden. Nachdem er sich früh zum Sieger erklärt und am Donnerstag Abend eine Pressekonferenz mit 19 Lügen über Wahlbetrug gehalten hatte, schrieb er in dem Moment, als Biden zum Sieger erklärt wurde, auf Twitter mit Capslock, er habe mit Abstand gewonnen. Nun ist er das 300ste Mal während seiner Präsidentschaft golfen, während seine Anwälte in möglichst vielen Staaten Gerichtsprozesse starten wollen, um die Ergebnisse infrage zu stellen. Früh hatte er behauptet, Briefwahl und andere legitime Wahlmethoden würden zu Betrug führen, und die Republikaner hatten ihn dabei unterstützt, nun zögern diese Politiker hingegen, dass sie irgendwelche Beweise für solche Vorgänge finden können. Es wird in den nächsten Monaten abzuwarten sein, wie die Prozesse ausgehen. Zu bedenken ist, dass in Amerika die Gerichte parteiisch und teils republikanisch sind, so könnten es Trumps Unterstützer sein, die über die Urteile entscheiden, vor allem im Supreme Court. Doch ob sie ohne Beweise solche Entscheidungen treffen oder ob dies reicht, um etwas am Ausgang der Wahl zu ändern, ist zweifelhaft.
Für den republikanischen Präsidenten ist es nicht nur aus politischen Gründen und für sein Ego wichtig, im Weißen Haus zu bleiben, denn auch der Verlust der Immunität, die ihm sein Amt gegeben hat, dürfte fatal sein. Es sind über zwanzig Gerichtsprozesse gegen ihn am Laufen, wegen verschiedenen Straftaten von Steuerhinterziehung über geschäftlichen Betrug bis zu sexuellem Missbrauch. Sobald ihn sein Präsidentschaftsprivileg nicht mehr schützt, könnten ihm also hohe Geld- und Gefängnisstrafen bevorstehen. Dies ist zu beachten, wenn man sieht, wie er sich weigert, eine Niederlage zu akzeptieren, es gleicht einem Verbrecher, der sich gegen seine Verurteilung streubt. Er hat noch keine Ansprache gehalten, seine Vertrauten sagten der Presse allerdings, er habe keine Pläne, die Realität zu akzeptieren und seine Niederlage einzuräumen.
Biden scheint derweil keine große Sorge zu haben, dass Trump nicht weichen wird. Er deutete bereits an, Eindringlinge aus dem Weißen Haus zu werfen, sei sehr einfach. Die Öffentlichkeit konnte bereits hören, wie Kamala Harris, seine baldige Vize-Präsidentin, ihn nach Verkündigung des Ergebnisses angerufen hatte, und hat sein Versprechen gehört, ein Präsident für alle Amerikaner, nicht nur für seine Wähler zu sein. Ansonsten hat er sich noch nicht groß geäußert, wird aber am Abend zur besten Sendezeit eine Rede halten. In den letzten Tagen hat er widerholt Informationen zur Corona-Lage bekommen, und plant, sich direkt wie ein Präsident zu benehmen, auch wenn er erst 2021 eingeschworen wird, um gegenüber Trumps Verschwörungstheorien nicht in die Defensive zu geraten.
Besonders stolz ist Biden darauf, dass er mit den meisten Stimmen gewählt wurde, die je ein Kandidat bekommen hat, weil mehr Leute denn je an den Wahlen teilgenommen haben. Diese neuen Wähler haben sich offenbar gleichermaßen auf den Demokraten und den Republikaner verteilt, trotzdem ist diese Beteiligung gerade deshalb für alle ein Gewinn, weil sie der Angst vor Corona entgegensteht, welche zu weniger Beteiligung hätte führen können wie schon in den Vorwahlen. Vor allem junge Wähler waren engagierter denn je, obwohl die Wahl zwischen zwei über 70 Jahre alten Männern stattfand, und Biden nun mit 78 der bei der Einschwörung älteste Präsident aller Zeiten sein wird. Zumindest Kamala Harris als Vize-Präsidentin schreibt positiv Geschichte, sie ist die erste Frau und Asiatin sein, die das Amt bekleidet.
Nun feiern die Amerikaner, vor allem wohl die Demokraten, auf den Straßen in Amerika, von der Umgebung des Weißen Hauses bis zu den Wahllokalen von Pennsilvania. Trump-Unterstützer sind bisherigen Reportagen nach nicht auf den Straßen, weder zum Feiern noch zum Demonstrieren oder Randalieren, was die Angst vor einem Bürgerkrieg etwas schwächt und den Glauben schafft, dass Biden eine Chance hat, das gespaltene Land wieder zu vereinen. Nicht nur in den Vereinigten Staaten selbst, überall auf der Welt feiern die Leute die Abwahl des Präsidenten, und die Politiker und Regierenden unzähliger Länder haben den Siegern der Wahl bereits über soziale Medien oder in Interviews gratuliert. Vor allem ärgerlich für Amerikas Politisch-Rechte ist, dass Englands Premier-Minister Boris Johnson, welcher eigentlich mit Trump auf einer Wellenlänge war und 2016 zu den ersten gehörte, die ihm gratulierten, angekündigt hat, sich auf die Zusammenarbeit mit Joe Biden zu freuen.
Neben der Präsidentschaft standen bei der Wahl auch Plätze im Senat und im Unterhaus auf dem Spiel. Das Unterhaus, welches 2016 an die Republikaner ging, 2018 jedoch von den Demokraten zurückerobert wurde, wird in der Hand von Bidens Partei bleiben, auch wenn ein paar mehr Plätze zurück an ihre Gegner gehen. Im Senat haben derweil hingegen die Demokraten ein paar Sitze gewonnen. Ob es genug sind, um die Kontrolle den Republikanern zu entreißen, wird sich erst in den Stichwahlen von Georgia im Januar erweisen, danach sieht es aber nicht aus. Der konservativen Partei wird also das Unterhaus und die Präsidentschaft gehören, den Rechten vermutlich der Senat, was Biden in seiner Macht deutlich einschränken wird.
Es wird also sowohl für den Senat, als auch für Trumps Gerichtsprozesse, noch abzuwarten sein, wie sich die Dinge entwickeln, es sieht aber alles danach aus, als müsste sich die Welt nicht mehr mit Donald Trump herumschlagen, und auch wenn das traditionelle Treffen des abtretenden und des antretenden Präsidenten wohl nicht stattfinden wird, muss er bald das Weiße Haus verlassen, ob er will oder nicht.
Bildquelle: https://edition.cnn.com/election/2020/results/president?iid=politics_election_bop