Bayern3 und die Grenze von Meinung und Rassismus

Gerade durch die aktuelle Pandemie sind die anti-asiatischen Strömungen in der Gesellschaft wieder lauter geworden, der Rassismus gerade gegen China aber auch gegen andere östliche Länder hat zugenommen und neues Öl für sein Feuer erhalten. Auch in öffentlichen Medien ist öfter und öfter diese Haltung zu erkennen, zum Beispiel bei der WDR-Sendung, in der vor kurzem vier Deutsche sich darüber unterhalten haben, dass die Diskussionen über Rassimus übertrieben seien. Dies wird dann in Rechtfertigungen der Sender oder Beteiligten häufig als Ausübung Meinungsfreiheit verteidigt, was allerdings nur zeigt, dass diese Personen das Konzept der Meinungsfreiheit und die Gefahr von Rassismus nicht verstehen.

Der letzte bekannt gewordene Fall trug sich am 25.02.2021 in Bayern zu, wo sich der Radio-Moderator Matthias Matuschik auf dem Sender Bayern3 beleidigend und mit Wünschen von Folter und Einsperren über die an internationaler Bekanntheit gewinnende südkoreanische KPop-Band Bangtan Boys (BTS) sprach. Anlass war ihr Cover des Songs “Fix You” von der britischen Pop-Rock-Band Coldplay, welches der Moderator spielen sollte. In seiner Anmoderation verglich er die sieben Sänger mit dem Corona-Virus und drückte seine Hoffnung aus, dass es bald eine Impfung gegen sie gibt, nutzte Schimpfwörter und drückte aus, dass sie für ihr Cover von Coldplay 20 Jahre in Gefangenschaft in Nordkorea verdient haben würden.
Es handelt sich hierbei um straftrechtliche Beleidigungen, die einen Aufruhr unter Zuhörern, vor allem Fans von BTS auslösten. Die folgende Debatte führte zu einigen Hasskommentaren unter dem YouTube-Video von besagtem Cover, welche die Fans mit positiven Kommentaren verdrängten, gleichzeitig wurden Rufe nach Konsequenzen für den Moderator lauter. Auf diese reagierte ihr Sender mit einer öffentlichen Erklärung, in welcher er sich hinter seinen Moderator stellte und die rassistischen Aussagen als “Meinungsäußerung mit unglücklicher Wortwahl” entschuldigte. Entsprechend entsetzt waren die asiatisch-stämmigen Zuhörer, denen somit gesagt wurde, Rassismus gegen sie könne eine vertretbare Meinung sein und die radikalen Beleidigungen seien zu rechtfertigen.
In sozialen Medien wurden Aufrufe zum Boykott von Bayern3 lauter, wodurch das Thema mehr Aufmerksamkeit gewinnen konnte. Daraufhin schaltete sich das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), die Redaktion für überregionale Inhalte der Verlagsgesellschaft Madsack in Hannover, deren größte Kommanditistin die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft, das Medienbeteiligungsunternehmen der SPD, ist, ein. Es versuchte sich an einer Täter-Opfer-Umkehr, warf den Empörten ohne Anhaltspunkte vor, nicht ernsthaft am Thema interessiert zu sein, dass es nur um das Anstacheln der Medien ginge und die Forderung von Konsequenzen unverhältnismäßig sei. Erkennbar wird, dass sich die Institutionen schützend auf die Seite des Rassisten schlagen, ihn entschuldigen und Stimmung gegen diejenigen, die sich beschweren wollen. Eine Entschuldigung an diejenigen, die sich dadurch bedroht und verletzt fühlen, bleibt aus.

Die aktuellen Fälle wie dieser zeigen sehr gut, wie durch die aktuelle Pandemie Rassismus gegen Asiaten wieder allgegenwärtig geworden ist. Tatsache ist aber auch, dass er nie völlig weg war, und dass solcher Hass schon immer mit dem in der Praxis deutlich überschätzten Argument Meinungsfreiheit verteidigt wurde. Meinungsfreiheit ist ein unverzichtbares Grundrecht, dass es allen erlaubt, ihre Meinung zu äußern, ohne vom Staat dafür belangt zu werden, solange dadurch nicht die Rechte anderer verletzt werden.
Zuerst ist zu betonen, dass Meinungsfreiheit wie die Grundrechte allgemein gegen den Staat wirkt, nicht gegen einfache Bürger, so muss man für seine Meinung nicht die Staatsgewalt fürchten, kann daraus aber keine Ansprüche darauf ziehen, dass alle anderen diese Meinung einfach hinnehmen, und ist auch nicht sicher vor Konsequenzen wie Berufsverlust durch den Arbeitgeber, wenn dies angemessen ist. Darüber hinaus sind ausartender Hass und Wünsche von Gewalt gegen Personen eindeutig ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der Opfer und damit nicht zu rechtfertigen. Rassismus wird ausdrücklich nicht von der Meinungsfreiheit geschützt, wie auch Gerichtsentscheidungen belegen, weswegen das Argumentieren mit freier Meinung nur Hohn gegenüber den Verletzten ist.
Hinzu kommt, dass die Rechtsordnung auf Einheitlichkeit ausgelegt ist, die Verwirklichung von dem, was im Strafgesetzbuch als Verbrechen oder Vergehen vermerkt ist, kann also nicht gleichzeitig als Grundrecht geschützt sein. Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdungen sind Straftatbestände, die auf Strafantrag verfolgt werden können, die Anforderungen dafür würden die Aussagen von Matuschik erfüllen, auch wenn nicht mit einem Strafantrag der Koreaner zu rechnen ist. Hinzu kommen zahllose im Recht verteilte Diskriminierungsverbote, die Rassismus als untragbar darstellen. Es ist keinesfalls überzogen, Konsequenzen zu fordern und das Verhalten des Moderators zu verurteilen, vielmehr ist es beunruhigend, dass die Medienunternehmen letzteres nicht tun.

Die Duldung von Rassismus führt unvermeidlich zu seiner Fortsetzung, wer nichts dagegen tut oder ihn gar als okay darstellt trägt zu Wiederholungen und Verschärfungen bei. Wie man an den Massen von Rassisten, die nun unter dem Musik-Video der Band Hass verbreiten, erkennen kann, hat öffentliches Ausleben von solchem Rassismus zur Folge, dass sich große Mengen anschließen und weitere Beleidigungen und Drohungen öffentlich machen.
Auf jeden Fall lernen die Opfer von diesem Hass und jene, die sich für sie einsetzen, so, dass der Sender Bayern3, das RND, der WDR oder an wem auch immer es nächstes Mal liegen wird nicht auf der Seite der Betroffenen, sondern der Täter stehen, und den offenen Rassismus befürworten. Es muss weiter darauf aufgepasst werden, dass grundloser Hass gegen Asiaten nicht normalisiert wird, und dass solch übermäßige Tiraden wie die von Matuschik nicht folgenlos bleiben, auch wenn die Gefahr davon wächst.

Bildquelle: https://www.shutterstock.com/search/bts

Justin Löwe

Ich bin seit inzwischen neun Jahren als Jugendreporter unterwegs, stand schon mehrmals in der NOZ und möchte hier den Leuten mit möglichst hochwertigen Berichten die Interessen der jüngeren Generation näherbringen.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen