Die Corona-Warn-App

Man kann sich nun seit etwas über einem Monat in Deutschland die vom Robert-Koch-Institut bereitgestellte Corona-Warn-App auf dem Smartphone herunterladen. Die Bundesregierung unterstützt das Konzept zur Bekämpfung der Pandemie, doch schon seit der Veröffentlichung wird ihre Wirksamkeit infrage gestellt.

Zunächst ist die Funktionsweise der App sehr simpel: Solange Bluetooth aktiv ist, verbindet sich das Handy mit denen der Leute um den Benutzer herum. Haben diese ebenfalls die App installiert, werden Informationen über den Infektionsstatus ausgetauscht. Wurde man selbst bereits auf Covid-19 getestet, kann man dies mitteilen. Die App informiert einen, falls man eine Begegnung mit Leuten hatte, bei denen es besonders wahrscheinlich ist, dass man sich ansteckt. Gemessen wird die Dauer und der Abstand bei der Begegnung, daraus ergibt sich der Risikostatus, der angezeigt wird.
Zumindest über Datenschutz müssen sich keine Sorgen gemacht werden. Experten in diesem Fachgebiet sind sich einig, dass sich sehr viel Mühe gegeben wurde, um sicher zu gehen, dass die App keine Daten bekommt oder weitergibt, die geschützt sein sollten. Den Entwicklern war deutlich bewusst, dass es die große Angst vieler Nutzer sein würde, dass die App zur Spionage missbraucht werden könnte oder Benutzer aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn sie positiv getestet sind. Wer die App selbst nutzt, merkt auch schnell, dass man nach so gut wie keinen sensiblen Daten gefragt wird, und sicher gegangen wird, ob man bestimmte Befugnisse erteilen will.
Es geht vor allem darum, dass Leute, die schon positiv getestet worden sind, ihre Mitmenschen warnen können, wenn es für sie unvermeidlich ist, Begegnungen zu riskieren. Diejenigen, die noch nicht oder negativ getestet wurden, sollen vorrangig die Chance bekommen, gewarnt zu werden, damit sie nicht bedenkenlos das Virus weiterverbreiten. Doch darin liegt bereits das größte Problem: Die breite Masse ist noch nicht getestet worden, falls sie also Risiko tragen, wissen sie davon nichts und die App kann es somit auch niemandem mitteilen.

Gerade weil die Installation der App freiwillig ist, gehen viele davon aus, dass sowieso niemand teilnimmt, und da niemand an den Erfolg der App glaubt, bleibt die Download-Zahl gering. Zwar zeigte sich das Robert-Koch-Institut zunächst von den Installationszahlen positiv überrascht, dennoch gab es im ersten Monat nur etwa 513 Push-Benachrichtigungen, obwohl die Zahl der Neuinfektionen bei rund 13000 lag. Die drei Faktionen – solche, die alle Corona-Maßnahmen für überzogen halten, solche, die nicht an den Erfolg der App glauben und solche, die sie installieren aber noch keinen Test bekommen haben – tragen alle ihren Teil zur Ineffizienz bei.
Ob sich das bald bessern wird, steht bisher in den Sternen. Während die Regierung zumindest Massentests plant, um das Problem der Dunkelziffer zu bekämpfen, gehen einige Politiker und Gesundheitswissenschaftler wie Karl Lauterbach davon aus, dass man sich statt zufälligen Tests auf die Gebiete konzentrieren sollte, in denen es vor kurzer Zeit Ausbrüche gab, wie etwa in Rheda-Wiedenbrück wegen dem Schlachterbetrieb Tönnies. Dabei ist zu beachten, dass es in Deutschland noch relativ gut läuft. Virologen überall auf der Welt streiten darüber, wie man am besten handeln sollte, und während andere EU-Länder nun die deutsche Corona-App übernehmen wollen, werden sich die Probleme dort noch stärker zeigen als sie es hier schon tun.

Ein weiteres Hindernis liegt darin, dass die App zunächst nur für neuere Smartphone-Versionen erschienen ist. Ältere Betriebssysteme bekamen keine Möglichkeit, sich solidarisch zu zeigen, auch wenn sie es wollten. Die Entwickler versuchten sofort, auch dieses Problem zu lösen, was allerdings Zeit benötigte. Zwischenzeitlich entschuldigte eine CDU-Sprecherin dies damit, dass Leute eh nur aus Faulheit kein neues Handy kaufen würden. Dass gerade untere soziale Schichten, deren Mitglieder sich nicht regelmäßig ein neues Modell leisten können, durch Corona gefährdet sind, kam ihr dabei nicht in den Sinn.

Die Pandemie wird in den meisten europäischen Ländern mittlerweile effektiv zurückgehalten, vor allem im Vergleich zu Amerika. Es bleibt zu hoffen, dass bald Tests für alle, die gefährdet sind, generell zur Verfügung stehen. Bis dahin ist es allen zu empfehlen, die App vorsorglich herunterzuladen. Zwar zeigt sie sich als bisher nicht sonderlich effektiv, doch sie kann generell besser helfen, je mehr Leute sie nutzen, und schaden wird sie trotzdem niemandem.

Justin Löwe

Ich bin seit inzwischen neun Jahren als Jugendreporter unterwegs, stand schon mehrmals in der NOZ und möchte hier den Leuten mit möglichst hochwertigen Berichten die Interessen der jüngeren Generation näherbringen.

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