Demoverbot, oder auch nicht

Diese Woche hat das Verbot der geplanten Demonstration in Berlin gegen die aktuellen Schutzmaßnahmen vor dem Corona-Virus viel Wirbel gemacht. Sie war seit einer Weile für Samstag, den 29.08.2020, von der Initiative “Querdenken 711” aus Stuttgart geplant und angemeldet, mit etwa 22.000 Teilnehmern haben die Veranstalter gerechnet. Da die Versammlungsbehörde der Berliner Polizei jedoch allein schon wegen dem Thema der Veranstaltung davon ausgehen konnte, dass die Regeln zum Infektionsschutz nicht eingehalten werden würden, hatte sie am Mittwoch diese Demo und neun kleinere Veranstaltungen verboten. Dies hielt zwei Tage, bis das örtliche Verwaltungsgericht die Entscheidung gekippt und die Versammlung wieder erlaubt hat.

Die Pandemie beschäftigt die Welt mittlerweile seit etwa einem halben Jahr, und mehr und mehr Leute sind der eingeschränkten Lebensweise überdrüssig. Welche Regelungen noch gelten, ist in Deutschland je nach Bundesland unterschiedlich. Allgemein gültig sind nur noch die Voraussetzung eines Mindestabstands zu den Leuten um einen herum und die Pflicht, in geschlossenen Räumen oder nahe fremder Menschen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Gerade gegen letztere richten sich die meisten Beschwerden, den Demonstrierenden ist das Tragen dieser Masken zu unangenehm, als dass sie es zur Risikoverringerung für andere auf sich nehmen würden. Diese Haltung von Maskengegnern wurde widerum von vielen anderen mit dem Argument, dass die Zahl der Infizierten wieder steigt, stark kritisiert.

Das ist auch der Grund, warum Massenveranstaltungen weiterhin umstritten sind, und warum eine Demonstration, bei der die Hygiene-Regelungen mit großer Sicherheit nicht eingehalten werden, verboten werden sollte. Es wurden zuvor auch schon Veranstaltungen mit anderen Themen wie der Marsch zum Gedenken an die Opfer des Attentats in Hanau abgesagt, selbst wenn sie sich an die Vorschriften halten wollten, dies ist also kein Einzelfall. Als Grund für die Sorge, dass die Schutzmaßnahmen ignoriert werden würden, wurde auch die vorangegangene Demonstration vom 01. August genannt, die genau für diese Missachtung der Auflagen in Verruf geraten ist.

Das Verbot des Aufmarsches scheint vor allem dem Teil der Maskengegner Munition gegeben zu haben, die sich spätestens seit der Pandemie mit Verschörungstheorien beschäftigt haben und aus unempfindlichen Gründen der Ansicht sind, dass Deutschland eine Diktatur geworden sei. Sie sehen sich darin bestätigt, dass ihre Meinung nicht erlaubt sei, weil sie aus Sicherheitsgründen nicht in Massen damit auf die Straße dürfen. Die Absage sei ihrer Auffassung nach ein Eingriff in ihre Grundrechte, präzise gesagt die Versammlungsfreiheit aus Art.8 des Grundgesetzes. Zu beachten ist, dass der zweite Absatz dieses Artikels einen einfachen Gesetzesvorbehalt enthält, das heißt Versammlungen unter freiem Himmel dürfen, wenn dies aus juristischer Sicht angemessen ist, durch einfache Gesetze beschränkt werden, wie es in diesem Fall geschehen ist.

Eben diese Angemessenheit ist es, die das Berliner Verwaltungsgericht nun einen Tag vor dem Termin verneint hat. Der Grund dafür ist, dass die Veranstalter ein Hygiene-Konzept vorgelegt haben, und nicht bewiesen werden konnte, dass geplant sei, es nicht einzuhalten. Unter Einhaltung der vom Gericht bestimmten Auflagen soll die Demonstration deshalb stattfinden können. Diese Auflagen enthalten eine Verschiebung des Standortes der Bühne, ein Mindestabstand von 300 Metern zwischen den Videowänden, und regelmäßige Lautsprecherdurchsagen, die Einhaltung der Abstandsregeln zwischen Personen sicherstellen sollen. Merklich zählt zu den Bestimmungen keine Maskenpflicht.

So gibt es nun wie zu Beginn des Monats wieder eine Spaltung zwischen denen, die solche Veranstaltungen für dämlich und gefährlich halten, weil das Infektionsrisiko so weiter ansteigt und eine Verschärfung der Regelungen wieder wahrscheinlicher wird, und denen, die sich über die Gelegenheit freuen, ihrer Wut über den Mund-Nasen-Schutz öffentlich Ausdruck zu verleihen. Dieser Streit wird offenbar bis zum Ende der Maßnahmen oder der Pandemie andauern. Bemerkenswert an diesem Fall ist aber das schnelle Handeln der Gerichte und die Wirkung der Gewaltenteilung in der Praxis, was für Deutschlands Rechtsstaatlichkeit und Demokratie spricht.

 

Bildquelle: https://www.youtube.com/watch?v=pzF9UkdfZ8M

Justin Löwe

Ich bin seit inzwischen neun Jahren als Jugendreporter unterwegs, stand schon mehrmals in der NOZ und möchte hier den Leuten mit möglichst hochwertigen Berichten die Interessen der jüngeren Generation näherbringen.

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