Amerika, Kurdistan und die Türkei – ein riskantes Machtspiel

In der Woche vom 7.10.2019 hatte der amerikanische Präsident Donald Trump scheinbar sehr spontan entschieden, sämtliche seiner Truppen aus Syrien abzuziehen und die mit den Vereinigten Staaten seit langem verbündeten Kurden ihrem Schicksal zu überlassen. Die Kurdischen Milizen waren, bzw sind die wichtigsten Partner der Internationalen Gemeinschaft im Kampf gegen den IS Nun droht der türkische Präsident Erdogan, eben dort, im Norden Syriens, mit seinem eigenen Militär einzuziehen. Er hat schon lange auf unschöne Weise Interesse am Land und Hass gegenüber den Kurden gezeigt, weswegen es wenig überrascht, dass nun viele um das Leben der Alleingelassenen fürchten.

Wie ein schlechter Witz wirkte der ursprüngliche Tweet Trumps, in dem er den Truppenabzug verkündete. Er schrieb sich in dem 240 Zeichen langen Text große und unvergleichliche Weisheit zu, während er eine völlig übereilte militärische Entscheidung traf. Im gleichen Atemzug drohte er Erdogan, würde dieser etwas tun, was den U.S.A. nicht gefällt, könnte er die türkische Wirtschaft zerstören, wie er es angeblich schonmal getan habe. Nicht nur die Opposition kritisierte Trumps Entscheidung scharf, auch Mitglieder seiner eigenen Partei und unterstützende Journalisten nannten den Schritt unüberlegt.
Es herrschte schon seit längerem Einigkeit, dass Amerika seine Militäreinsätze verringern sollte, damit hatte Trump auch im Wahlkampf erfolgreich geworben. Allerdings ist die Art, wie der Präsident es tut, allgemein als chaotisch und ohne Rückversicherung erkannt worden. Nun wird spekuliert, was ihn zu einer solchen Aktion, von der die meisten seiner Berater ihm abraten wollten, verleitet haben könnte. Am wahrscheinlichsten ist, dass es ihm um die Ablenkung vom laufenden Amtsenthebungsverfahren geht, indem er auf Biegen und Brechen ein Wahlkampfversprechen erfüllt, um gut darzustehen. Das lief nicht wie geplant, und die Kurden könnten es nun mit ihrem Leben bezahlen.

Denn der türkische Präsident hat sich von Trumps Drohung eines Handelskrieges nicht verunsichern lassen und verkündete bereits wenige Tage später, seine eigenen Truppen in die nun freien Gebiete vorrücken zu lassen. Dies kommt für niemanden außer den amerikanischen Präsidenten als Überraschung, da die Absichten Erdogans seit langem bekannt waren. Die bedrohten Kurden hatten sich für ihre amerikanischen Verbündeten in Gefahr begeben und im Gegenzug auf deren Schutz vertraut. Loyalität gehört jedoch nicht zu den Worten, mit denen man Trump häufig beschreibt. Er rechtfertigte seine Entscheidung mit der Behauptung, die Kurden hätten nicht im zweiten Weltkrieg oder in der Normandie geholfen, ohne zu berücksichtigen, was sie stattdessen getan hatten.

Seine Ausrüstung hat Erdogan teils aus Deutschland und anderen EU-Staaten, so sind auch wir daran beteiligt. Sein Angriff steht in Kontrast zu europäischen Werten. Damit die EU nicht eingreift, drohte Erdogan ihr daher mit der Grenzöffnung, um eine neue Flüchtlingsproblematik zu erzeugen. Wie die Staatschefs darauf reagieren, ist bisher unklar. Ratspräsident Donald Tusk verurteilte das Vorgehen der Türkei stark, lies jedoch noch keinen Handelsplan erkennen.
Wer jetzt schon handelt, sind die Bürger. EU-weit, auch in Deutschland und spezifisch Osnabrück (siehe Beitragsbild), gab es am Freitag, den 11.10., Demonstrationen für die Verteidigung der bedrohten Kurden und vorallem für ein freies Kurdistan. Diese fanden gezielt abends statt, um sich nicht mit den Protesten von Fridays for Future zu überschneiden.

Der Ausgang der Ereignisse ist bisher unklar, jedoch herrscht überall Einigkeit, dass das Handeln Trumps unbedacht und eigensinnig war. Die Kurden, die nun um ihr Leben fürchten, sind ein beängstigendes Beispiel der Treue, die Trumps Amerika seinen Verbündeten entgegenbringt. Dies wird in Zukunft alle dazu anregen, zweimal darüber nachzudenken, Amerika ihr Vertrauen zu schenken. Ob die EU sich Vertrauen verdienen kann, wird sich in den folgenden Tagen erweisen.

Bildquelle: DieFeder.net, Selbsterstelltes Foto

Justin Löwe

Ich bin seit inzwischen neun Jahren als Jugendreporter unterwegs, stand schon mehrmals in der NOZ und möchte hier den Leuten mit möglichst hochwertigen Berichten die Interessen der jüngeren Generation näherbringen.

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