Theater für einen Euro!

382€, so viel bekommt ein Hartz IV-Empfänger derzeit im Monat. Wer davon Essen, Kleidung, Strom, Wohnung, Wasser und was sonst so alles anfällt, bezahlen muss, hat am Monatsende nicht mehr viel übrig, wenn überhaupt.
Eine Theaterkarte im Theater Osnabrück kann bis zu 45€ kosten, das ist mit Sozialhilfe, Hartz IV oder einer kleinen Rente  nicht zu stemmen. Aber soll Kultur deshalb wegfallen? 
Diese Frage hat sich auch Max Ciolek gestellt und die Antwort war klar: Nein, denn Kultur ist für alle da und jeder sollte sich ein Konzert anhören oder ein Stück im Theater sehen können.
Aus diesem Grund gründete Max Ciolek vor ziemlich genau einem Jahr den Verein “KAOS e.V.”, der sich dafür einsetzt, dass jeder Mensch an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen kann.

In der Kultur ist Ciolek schon lange zu Hause: Er ist Oratorien-Tenor und weiß daher, wer bei Konzerten im Publikum sitzt, kennt aber gleichzeitig auch die Seite der Organisation von Kultur: “Ich bin auch Kulturmanger und habe oft an der Abendkasse gesessen und gesehen, wer dort alles stand und schließlich leider doch nicht rein konnte, weil die Eintrittspreise zu hoch waren.”
Für Ciolek und den Verein “KAOS” ist das nicht vertretbar und deshalb musste schnellst möglich eine Idee her, um diesen Zustand zu verändern.

In Deutschland gibt es verschiedene Modelle, wie Kultur auch für Menschen, die finanziell wenige Möglichkeiten haben, zugänglich gemacht wird: In einigen Städten gibt es Kulturlogen, die Listen mit Namen von Sozialhilfeempfängern führen, und melden sich immer dann bei diesen, wenn noch Restkarten für eine Veranstaltung übrig sind. Doch dieses System ist aufwendig und “hat doch wieder einen Almosencharakter”.

In Frankfurt wird das System, dass auch Max Ciolek für Osnabrück ausgewählt hat, schon seit einiger Zeit angewandt: Mit einem Nachweis, dass man für einen Kulturpass berechtigt ist, geht man ins Büro von KAOS und bekommt die “Kunst- und Kultur- Unterstützungskarte”, kurz “KUKUK”. 
Diese Karte ermöglicht es einem, sich  für eine Kulturveranstaltung zu entscheiden und dort für den symbolischen Preis von einem Euro Kabarett, Kino oder ein Konzert zu erleben.
”Das finde ich sehr viel würdevoller und eigenverantwortlicher“, sagt Ciolek. “Kultur ist etwas, was ganz eindeutig zur menschlichen Würde dazugehört! Wenn ich aus finanziellen Gründen nicht mehr ins Konzert oder Theater gehen kann, verliere ich einen großen Teil davon.” 
Jeder, der in irgendeiner Form Sozialhilfe bezieht, ist berechtigt “KUKUK” zu bekommen. Der „Osnabrückpass“ oder ein anderer Nachweis reicht aus und Kultur kostet dann nicht mehr als einen Euro: “Nach fünf Minuten hat man die Karte in der Hand”. 
Seit Beginn des Projektes am 1. Februar 2013 wurden schon über 200 Karten ausgegeben, was ein unglaublicher Erfolg für “KAOS” ist: “Das hatte ich in meinen kühnsten Träumen nicht gedacht, obwohl ich Optimist bin”.
Momentan gibt es schon 28 Kulturveranstalter, die sich an dem Projekt beteiligen und Kultur für einen Euro anbieten: Das Theater, verschiedene Musikfestivals, die Lagerhalle, das Lutherhaus und viele weitere haben ein Kartenkontingent, dass “KUKUK”-Karten-Besitzern zusteht.

“Die Bandbreite an angebotener Kultur ist jetzt schon sehr groß!”

Der angebotene Preis für jede der Kulturveranstaltungen ist mit einem Euro feststehend und gering. „Es war uns wichtig, dass man nicht noch erst rechnen muss wie groß die Ermäßigung ist, wie viel Prozent hier, wie viel Prozent da“, sagt Ciolek.

Projekte wie „KUKUK“ sind auf Spenden und Fördergelder angewiesen, gerade auch auf Einzelspenden. Im Sommer gewann man einen Preis der „Stiftung Niedersachsen“, der sowohl eine Volontärinnen-Stelle finanziert als auch eine Bundesfreiwillige in den Verein brachte. Beide Stellen existieren jedoch nur für ein Jahr. Zu den Aufgaben der Freiwilligen gehört unter anderem die Produktion einer Radiosendung auf „osradio“: der „KUKUKsruf“.

Trotz der Abhängigkeit von Spenden besteht keine Gefahr, dass das Projekt nur von kurzer Dauer sein wird: „Wir versuchen gerade unsere Mitgliederzahlen nochmal zu erhöhen. Ab März haben wir eine Praktikantin, die sich u.a. um das Werben von Mitgliedern kümmern soll. Wenn wir es schaffen auf Dauer ungefähr 100 Mitglieder zu haben, ist der Fortbestand nicht gefährdet.“

Dass Kultur wirklich für jeden da ist und auch für jeden erreichbar sein sollte, zeigt „KUKUK“ deutlich: Kinder bezahlen mit der Karte sogar nur 50 Cent Eintritt und diverse Veranstaltungsorte, die mit „KUKUK“ kooperieren, haben ein breites Kinder- und Jugendangebot: „Die „Lagerhalle“ ist dabei mit allen Veranstaltungen, das „Piesberger Gesellschaftshaus“ ist da auch sehr interessant und macht viel für diese Altersgruppe, und wir sind auch immernoch dabei, neue Veranstaltungen zu akquirieren und zu gucken, wen wir noch mit ins Boot bekommen.

Wir könnten unser Angebot in diese Richtung sicher noch erweitern. Die Gemeinschaftszentren, Ziegenbrink und andere, sind formell an die Stadt gebunden sind und haben Entgeltordnungen, die sowieso schon sehr günstige Preise beinhalten. Diese müssen sie aber auch von allen nehmen.“

„KUKUK“ ist ein Projekt, dass auch nach dem Verteilen der ersten Karten nicht aufhört, sich weiter zu entwickeln. Neben den Kulturveranstaltern sollen nun auch noch aktiv Kultur betreibende Gruppen und Institutionen eingebunden werden. Dazu gehören z.B. Chöre, Tanzgruppen oder Malgruppen. „Alle, die Kultur betreiben, wollen wir fragen, ob sie Leute mit „KUKUK“ für wenig Geld bei sich mitmachen lassen.“

Dieser Teil des Projekts steht aber noch in den Startlöchern und muss sich nun entfalten.

Weitere Informationen für alle Interessierten gibt es unter www.kukuk.de, und auch die Möglichkeit das Projekt zu unterstützen besteht, zum Beispiel durch eine Mitgliedschaft im Verein „KAOS e.V.“.

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